Tomatensoße im Test: Schimmelpilzgifte auch in Bio-Soßen - ÖKO-TEST

2022-10-14 18:32:00 By : Mr. Zeping Lin

ÖKO-TEST Jahrbuch für 2023 | Autor: Vanessa Christa/Katja Tölle/Lena Wenzel | Kategorie: Essen und Trinken | 14.10.2022

Wenn's schnell gehen soll, kommen Spaghetti mit Tomatensoße auf den Tisch. Was wir nicht auf dem Teller haben wollen sind: Schimmelpilzgifte, zu viel Salz, Aromen und Tomaten mit unklarer Herkunft. Und doch sind wir im Test von Tomatensoßen darauf gestoßen.

Aktualisiert am 13.10.2022 | Vitamin C, Kalium und Ballaststoffe, dazu kaum Kalorien: Tomaten sind gesund. Dafür sorgt auch der Lycopingehalt in dem Gemüse. Der rote Tomatenfarbstoff hat nämlich antioxidative Eigenschaften. Besonders hohe Gehalte stecken in der Schale, deswegen sollte man sie immer mit verarbeiten.

Lycopin ist übrigens hitzestabil, sodass auch beim Kochen ein Großteil des Farbstoffs erhalten bleibt. Außerdem kann der Körper es aus erhitzten Tomaten leichter aufnehmen.

Ein hoher Gehalt an Lycopin ist ein Hinweis darauf, dass viele reife Tomaten für die Soße verarbeitet wurden. Die Gehalte schwanken naturgemäß, sinken aber immer dann, wenn viele unreife Tomaten in den Produkten stecken.

Die Schwierigkeit für die Hersteller: reife, aber nicht zu reife Tomaten zu verwenden. Besonders viel Lycopin steckt nämlich in den Produkten, die mit Schimmelpilzgiften negativ aufgefallen sind. In vier Tomatensoßen hat das von uns beauftragte Labor Schimmelpilzgifte in einer Höhe nachgewiesen, die wir abwerten.

Schimmelpilzgifte sind nicht nur eklig, sondern auch ein mögliches Gesundheitsrisiko. Es handelt sich hier um Alternariatoxine, speziell um Alternariol (AOH) und Tenuazonsäure (TEA).

Die Bio-Tomatensoße einer bekannten Marke im Test reißt sogar den neu von der EU beschlossenen Richtwert für Tenuazonsäure – und überschreitet ihn fast um das Doppelte. Das Produkt schneidet "ungenügend" ab. 

Gesetzliche Grenzwerte für Alternariatoxine gibt es weiterhin nicht, obwohl das Problem lange bekannt ist – immerhin nun aber Richtwerte. Mit Richtwerten ist das aber natürlich immer so eine Sache, weil die Hersteller sich nach ihnen richten sollen – das aber nicht müssen.  

Neben Schimmelpilzgiften ist zu viel Salz ein Problem in fertigen Tomatensoßen. Zu viel Salz ist ungesund – es erhöht das Risiko für Bluthochdruck und Folgeerkrankungen.

Den größten Anteil unseres Salzkonsums macht aber nicht das aus, was wir bewusst mit dem Salzstreuer auf unser Essen streuen, sondern verstecktes Salz, das Fertiglebensmitteln wie Brot, Wurst oder Soßen zugesetzt ist.

Deswegen ist es gerade wichtig, dass Hersteller in Fertigprodukten sparsam mit Salz umgehen. Das tun leider längst nicht alle. Die im Labor gemessenen Salzgehalte variieren zwischen 0,01 und 1,28 Gramm pro 100 Gramm. In 14 Soßen werten wir erhöhte Salzgehalte ab. Würden diese Produkte als Soßen in Finnland vermarktet, müssten sie einen Warnhinweis tragen.

Auch passierte Tomaten haben ein Problem mit Schimmelpilzgiften. Anders gesagt: Bei der Herstellung landen schimmelige Tomaten in den Gläsern und Dosen. Betroffen sind vor allem Bio-Marken. 

Übrigens: Für den Geschmack scheint das Salz nicht nötig zu sein, wenn die Qualität stimmt: Die Sensorikprüfer bewerteten die einzige Soße im Test, die gar kein Salz zugesetzt hat, mit der Bestnote von 5,0 Punkten.   

Wo wir beim Geschmack sind: Wenn es dafür eins nicht braucht, dann sind das Aromen. Sie stecken in zwei Tomatensoßen im Test. Hersteller setzen Aromen ein, um Qualitätsunterschiede auszugleichen und Produkte zu standardisieren. 

Wir finden: Natürliche Zutaten sollten für genug Geschmack sorgen – zum Glück sehen das die meisten Hersteller im Test auch so. Sensorisch gab es ohnehin wenig zu bemängeln – fast alle Produkte überzeugen geschmacklich.  

Und woher stammen die Tomaten, die in den Tomatensoßen im Test stecken? Aus Bella Italia – versprechen viele Anbieter auf ihren Verpackungen. Weil aber verarbeitete Tomatenprodukte häufig aus China kommen und es dort massive menschenrechtliche Probleme im Tomatenanbau gibt, wollten wir, dass die Hersteller mit Dokumenten ihre Lieferkette exakt nachweisen, bis hin zu den Landwirten, die die Tomaten geliefert haben.

Schimmelpilzgifte in Tomatenmark – das klingt nicht nur eklig. Dieses Testergebnis stellt möglicherweise auch ein Risiko für die Gesundheit dar. In jedem zweiten getesteten Tomatenmark sind Schimmelpilzgifte enthalten. 

Klar, das ist nicht immer einfach und klar, auch viel Papierkram – teils haben 100 und mehr Bauern Tomaten für eine Charge Soße geliefert. Aber es ist wichtig, Transparenz in die Lieferketten zu bekommen. Viele Hersteller haben uns ihre Lieferkette vorbildlich nachgewiesen.

Auffällig: Gerade große Anbieter bemühten sich am wenigsten, uns die Herkunft der Tomaten bis zurück aufs Feld nachzuweisen. Das werten wir konsequent ab.

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 8/2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

Hinweis: *die angegebenen Preise in der Produktbox beziehen sich auf die Angabe in Gramm, wenn auf einem Produkt die Füllmenge sowohl in Gramm als auch in Milliliter angegeben ist.

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6 Seiten Seite 46 - 51 im ÖKO-TEST Jahrbuch für 2023 vom 13.10.2022

Tomatensoßen sind in unserem Einkaufskorb gelandet – darunter 19 im Glas und zwei im Tetrapak. Acht Produkte sind biozertifiziert. Für die Soßen haben wir in (Bio-)Supermärkten, Discountern und Drogerien zwischen 75 Cent und 3,19 Euro für 400 Gramm bzw. Milliliter Soße bezahlt.

Spezialisierte Labore haben die Soßen auf Pestizidrückstände, Schimmelpilzgifte und die Qualitätsparameter Lycopin und Ergosterol untersucht. Außerdem ließen wir den Salzgehalt bestimmen, um die deklarierten Gehalte zu überprüfen. Geschulte Sensorikprüfer beurteilten das Aussehen, den Geruch und Geschmack der Produkte. Außerdem ließen wir die Verpackungen auf chlorierte Verbindungen untersuchen und prüften anhand der Deklaration, ob in den Zutatenlisten Aromen angegeben sind und wie viel Zucker in den Soßen steckt.

Darüber hinaus sollten die Anbieter Fragen zur Herkunft der verwendeten Tomaten beantworten. Wir wollten wissen, wo die Tomaten angebaut wurden, und haben dies anhand der Lieferkette überprüft.  

Soweit nicht abweichend angegeben, handelt es sich bei den hier genannten Abwertungsgrenzen nicht um gesetzliche Grenzwerte, sondern um solche, die von ÖKO-TEST festgesetzt wurden. Die Abwertungsgrenzen wurden von ÖKO-TEST eingedenk der sich aus spezifischen Untersuchungen ergebenden Messunsicherheiten und methodenimmanenter Varianzen festgelegt.

Bewertung Testergebnis Inhaltsstoffe: Unter dem Testergebnis Inhaltsstoffe führt zur Abwertung um vier Noten: ein gemessener Gehalt an Tenuazonsäure über dem von der EU-Kommission festgelegten Richtwert (Empfehlung (EU) 2022/553) für Tomatenprodukte von 500 μg/kg für Tenuazonsäure (in der Tabelle: "TEA stark erhöht"). Zur Abwertung um jeweils zwei Noten führen: ein gemessener Tenuazonsäuregehalt, der den empfohlenen Richtwert zu mehr als der Hälfte ausschöpft (in der Tabelle: "TEA erhöht") oder ein gemessener Alternariolgehalt, der den empfohlenen Richtwert von 10 μg/kg in Tomatenprodukten zu mehr als der Hälfte ausschöpft (in der Tabelle "AOH erhöht"). Zur Abwertung um jeweils eine Note führen: a) der Zusatz von Aroma; b) ein deklarierter Salzgehalt von mehr als 0,9 g/100g (angelehnt an den Schwellenwert für einen Warnhinweis bei hohem Salzgehalt von Soßen in Finnland) (in der Tabelle: "Salz erhöht").

Bewertung Testergebnis Sensorik: Unter dem Testergebnis Sensorik führt zur Abwertung um zwei Noten: Eine Sensorikpunktzahl von 4,3 (= mittlere Auffälligkeiten in Geschmack und Geruch der Tomatensoßen). Zur Abwertung um eine Note führt eine Sensorikpunktzahl von 4,5 bis 4,9 (= leichte Auffälligkeiten in Geruch oder Geschmack der Tomatensoßen). Eine Benotung von 4,9 Punkten, die lediglich auf eine Bewertung des Aussehens zurückzuführen ist, führt nicht zu einer Abwertung.

Bewertung Testergebnis Weitere Mängel: Unter dem Testergebnis Weitere Mängel führt zur Abwertung um vier Noten: die Herkunft der Tomaten anhand von unabhängigen Dokumenten und Lieferscheinen für die eingesetzte Rohware nicht zurück bis aufs Feld belegt oder keine Angabe hierzu. Zur Abwertung um zwei Noten führt: a) die Herkunft der Tomaten anhand von unabhängigen Dokumenten und Lieferscheinen für die eingesetzte Rohware nur teilweise oder beispielhaft bis zurück aufs Feld belegt; b) irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten, welche gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder selbstverständliche Umstände als etwas Besonderes hervorhebt, obwohl vergleichbare Produkte diese ebenso aufweisen, ohne Hinweis auf die gesetzlichen Regelungen (hier: "ohne Farbstoffe"). Zur Abwertung um eine Note führen: a) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Deckeldichtung; b) Werbung mit Selbstverständlichkeiten mit Hinweis auf gesetzliche Regelungen, wobei gesetzlich vorgeschriebene Eigenschaften oder selbstverständliche Umstände als etwas Besonderes hervorgehoben werden, obwohl vergleichbare Produkte diese ebenso aufweisen (hier: "ohne Farbstoffe lt. Gesetz").

Das Gesamturteil beruht auf dem Testergebnis Inhaltsstoffe. Ein Testergebnis Sensorik, das "befriedigend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note. Ein Testergebnis Sensorik, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "befriedigend" oder "ausreichend" ist, verschlechtert das Gesamturteil um eine Note, ein "ungenügendes" Testergebnis Weitere Mängel verschlechtert das Gesamturteil um zwei Noten. Ein Testergebnis Weitere Mängel, das "gut" ist, verschlechtert das Gesamturteil nicht.  

Pestizid-Screening: GC- und LC-MS/MS nach DIN EN 15662: 2018-07 Alternariatoxine: LC-MS/MS Ergosterol: LC-MS/MS Lykopin: HPLC nach ASU L 00.00-149: 2014 Natrium: Aufschluss: DIN EN 13805: 2014-12, Messung: ASU L 00.00-144: 2019-07 Salzäquivalente: berechnet gemäß LMIV nach der Formel: Salz = Natrium × 2,5. Sensorik: Beschreibende Prüfung mit anschließender Qualitätsbewertung auf der 5-Punkte-Skala, nach § 64 LFGB L 00.90-14:2019-03, mod. (Modifikation betrifft keine Ermittlung der Intensitätseigenschaften) PVC/PVDC/chlorierte Verbindungen in der Verpackung: Röntgenfluoreszenzanalyse

Einkauf der Testprodukte: April 2022 

Diesen Test haben wir zuletzt im ÖKO-TEST Magazin 8/2022 veröffentlicht. Aktualisierung der Testergebnisse/Angaben für das Jahrbuch für 2023 sofern die Anbieter Produktänderungen mitgeteilt haben oder sich aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse die Bewertung von Mängeln geändert oder wir neue/zusätzliche Untersuchungen durchgeführt haben.

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