Das „Dach über dem Kopf“ ist zum menschlichen Grundbedürfnis geworden. Doch es ist weitaus mehr als nur ein Teil der Existenzsicherung – unser Zuhause ist eine Ausdrucksform der Selbstverwirklichung. Was einst als Oase des Rückzuges diente, ist heute zugleich ein Spiegel des gegenwärtigen Zeitgeistes.
Wir haben uns auf eine Reise durch Küche, Wohnzimmer und Arbeitswelten begeben und den Stil der Stunde zwischen schlichter Eleganz, futuristischer Technik und einer neu aufkeimenden Liebe zur Natur eingefangen. Von Annika John
Wohnen ist zu einer komplizierten Angelegenheit geworden. Vorbei die Zeiten, in denen sich der trendbewusste Zeitgenosse mit dem Landhausstil, Retro-Design oder skandinavischen Chic auf der sicheren Seite des guten Geschmacks wähnen konnte. „Demokratisierung des Wohnens“ könnte man diese Entwicklung auch nennen, denn – so unser Eindruck auf der impulsgebenden Möbelmesse IMM Cologne – alles scheint erlaubt.
Dort reiht sich der Arm-Sessel aus Großmutters Zeiten an den modern interpretierten Barschrank, der „smarte“, vollvernetzte Kühlschrank interagiert mit dem antiken Küchenblock und der ausladende Esstisch, der sich inmitten des Wohn- und Kochbereichs befindet, dient nicht mehr nur als reine Tafel, sondern auch als Kommunikationsplattform, an der gearbeitet, gelernt oder einfach zusammengefunden wird.
Vielfalt ist eine schöne Sache, kann aber zu Orientierungslosigkeit führen.
Vielfalt ist eine schöne Sache, kann aber zu Orientierungslosigkeit führen. Einen gegenwärtigen Stil, der klare Wegweiser vorgibt, suchen wir jedenfalls vergeblich – zu heterogen die Materialien, Farben und Formen, um sich auf die ultimativen Wohntrends des Jahres festzulegen.
Eine Beobachtung, die durchaus repräsentativ für unsere derzeitige Lebensart ist, meint Designer und Farbforscher Dr. Axel Venn: „Die Wohnung vereint immer stärker Widersprüchliches. Wir suchen beides in ihr: Geselligkeit und Rückzug, Anziehendes und Ausklammerndes, wir laden Menschen ein und fliehen vor der Gesellschaft. Wir lieben zur gleichen Zeit Sachlichkeit und Putziges. Und das wird auf irgendeine Weise miteinander vermischt.“
Wohin also geht die Reise? Der österreichische Architekt und Kulturpublizist Adolf Loos hielt einst fest: „Man darf nur dann etwas Neues machen, wenn man etwas besser machen kann.“ Ein Credo, dem sich viele Hersteller von Wohnzimmermöbeln in diesem Jahr intuitiv zu fügen scheinen – zumindest auf der IMM, die gemeinhin als etwas spielerischer und weniger auf bahnbrechende Neuheiten fokussiert gilt, als ihre mondänen Schwestern „Salone Internazionale del Mobile“ oder „Maison & Objet“.
„Unbehandelte Oberflächen und Maserholz wie Esche oder Eiche spielen bei uns in diesem Jahr eine tragende Rolle.“ – Peter Thonet
Minimalistisch, naturverbunden und mit Hang zu schlichten Holzelementen präsentieren sich nicht nur Unternehmen aus dem hohen Norden, sondern auch High-Class-Hersteller wie Flexform, De Sede, Ligne Roset oder Walter Knoll. Funkelnder Pomp, schrille Farben und extravagante Formen – vielleicht ist das Ausschlussprinzip hilfreich, um Tendenzen zu nennen – stellen inmitten der diesjährigen Möbellandschaft hingegen eher einen Nebenschauplatz dar.
Bei dem deutschen Möbelhersteller Thonet, der unter anderem mit Stahlrohrmöbeln Weltruhm erlangte, ist die Wiederentdeckung der Natürlichkeit und purer, schnörkelloser Formenführung offensichtlich. Helles, geöltes Holz und schlichte Creme-Nuancen dominieren die aktuelle Kollektion ebenso wie in Form und Größe reduzierte Möbel.
„Unbehandelte Oberflächen, Massivholz wie Esche oder Eiche, aus denen auch viele Gestelle gefertigt werden, spielen bei uns in diesem Jahr eine tragende Rolle“, betont Peter Thonet, der das Traditionsunternehmen mit seinen Brüdern in sechster Generation führt. „Außerdem lässt sich beobachten, dass sich die Einrichtung den sich verändernden Lebensumständen anpasst und durch den zunehmend kleiner werdenden Wohnraum – bedingt durch die Urbanisierung – funktionaler und kleiner ausfällt“, so der Designer.
Archetypisch-schlicht und mit einer Vorliebe zu natürlichen Materialien wie Holz, Kork oder Stein präsentiert auch der Hersteller e15 seine Möbel. Diese finden sich seit einigen Monaten aber nicht mehr nur in den Wohnzimmern der Welt, sondern auch in der kürzlich fertiggestellten Elbphilharmonie Hamburg, berichtet e15-Geschäftsführer Philipp Mainzer, der das „Philipp Mainzer Office for architecture and design“ in Frankfurt betreibt.
Die „Circle Lounge“ der Elbphilharmonie schmückt das Modell „Shiraz“ – ein cremefarbenes, aus der Feder von Philipp Mainzer und Farah Ebrahimi stammendes Sofa, das sich im Zusammenspiel mit geometrisch-klaren, weißen Beistelltischen harmonisch in den lichtdurchfluteten Raum fügt. Auch in der VIP-Skylounge, die auf schwarze Kontraste setzt, sind die Stühle des Modells „Houdini“ – von Stefan Dietz für e15 – mit runder Sitzfläche und kantiger Lehne ein markanter Blickfang.
Realisiert wurden die teils eigens für das Konzerthaus angefertigten Stücke in Zusammenarbeit mit Architekt Daniel Schöning und dem Hamburger Designerduo Marcel Besau und Eva Marguerre, denen mit dem Design eine Gratwanderung gelungen ist: Den Fokus auf monochromatische Farben und reduzierte Formen gelegt, fügen sich die Möbel intuitiv in das Foyer ein, ohne in Konkurrenz zur Architektur von Herzog & de Meuron zu treten.
Ein Plädoyer, sich auf das Essenzielle zu besinnen, liefert auch der aus New York stammende Designer Todd Bracher, der in diesem Jahr mit der Konzeption für „Das Haus – Interiors on Stage“ auf der IMM betraut wurde. Alljährlich stellt die Messe einem ausgewählten Gestalter Raum für die Simulation von Wohnraum zur Verfügung, um die persönliche Vision des zeitgenössischen Hauses zu präsentieren.
Abgegrenzte Lebensbereiche hält der Ehrengast für ebenso überholt wie die klassische 3-Zimmer, Küche-Diele-Bad-Aufteilung – stattdessen greift der studierte Designer, der bereits mit Unternehmen wie Cappellini, Herman Miller oder Issey Miyake kooperiert hat, auf multifunktionale Zonen zurück. „Lernen & Essen“, „Ausruhen und Tagträumen“ sowie „Duschen und Naturerlebnis“ stehen im Fokus der sich auf 200 Quadratmeter erstreckenden Zukunftsvision, die dem Bewohner nicht vorgibt, wie in welchem Raum gelebt werden soll, sondern sich im Gegenteil ganz nach seinen Bedürfnissen richtet.
Unkonventionell ist nicht nur die Idee dahinter, sondern auch das Ergebnis: Unter einem schwebenden Dach finden sich zwei ineinandergreifende Körper – zum einen ein aus Regalwänden bestehender Raum, eingefasst in halbtransparente Stoffhüllen, zum anderen ein schwarzer Kubus, über dem ein Licht spendender Ball thront.
„Wir werden die Vorstellung davon, was zeitgenössisches Wohnen ausmacht, infrage stellen müssen.“ – Todd Bracher
In die Winkel der Raumkörper fügt sich eine nach draußen verlagerte Dusch- und Waschzone, die besonders gut veranschaulicht, dass Todd Bracher der Schnelligkeit des digitalisierten Zeitalters mit einer natürlichen, greifbaren und reduzierten Umgebung ein entschleunigendes Manifest entgegensetzen will. Er prognostiziert: „Wir werden die Vorstellung davon, was zeitgenössisches Wohnen ausmacht, infrage stellen, indem wir die Grundlagen überdenken, die das Heim definieren, und uns ansehen, ob sie den Anforderungen der heutigen Welt entsprechend ausgelegt sind.“
Ersichtlich wird: Naturbelassene Werkstoffe erleben 2017 nicht nur eine Renaissance, sondern markieren einen vorläufigen Höhepunkt der Liebe zu unverfälschten, puren Materialien. Nur passend, dass sich in diesem Jahr erstmals der skandinavische Hersteller Design House Stockholm auf der IMM präsentiert, dessen Fokus auf hellem Holz, schlankem Design und schlichten Farben, aber auch unkonventionellen, zeitgenössischen Design-Ideen liegt.
„Mit dem Greenhouse, einem Miniatur-Gewächshaus, wird Urban Gardening neu gedacht“, erklärt Gründer Anders Färdig und präsentiert ein aus handgemachtem Glas und Eschenholz gefertigtes Häuschen, das zugleich als Deko-Element, wie auch als kleine Gartenwelt im Wohnzimmer dient.
Vorwärts zu den Wurzeln, soweit das Credo. Dezente Beige-, Creme- und Grautöne scheinen ebenso zeitlos zu sein wie Hölzer aller Art, sei es die heimische Esche oder das exotische Sucupira. Auf ultimative Living-Trends festlegemöchte man sich unter den knapp 1300 Herstellern aber lieber nicht.
„Seit dem 20. Jahrhundert haben sich skandinavisches und japanisches Design trotz des geografischen Abstandes gegenseitig inspiriert.“ – Lars Lyse Hansen, Bolia
In das Bild passt, dass viele Designs vergangene Stile aufgreifen und modern beleben, statt zu experimentieren. Alt-Bewährtes als Anker in Zeiten, die keine klaren Richtungen vorgeben? So lässt das italienische Unternehmen Minotti das Lebensgefühl der Fifties mit einem Barschrank aus Ebenholz aufleben und auch Norr 11 ließ sich mit dem gesteppten Ohrensessel „Canvas“ vom Mid-Century-Stil inspirieren.
Möbel mit Geschichte – darauf legt der Offenbacher Designer Sebastian Herkner, der im letzten Jahr „Das Haus“ gestaltete, ebenfalls wert und präsentiert mit dem Hersteller Ames farbenfrohe Stahl- und Kunststoffmöbel, die in Zusammenarbeit mit kolumbianischen Kunsthandwerkern entstanden sind.
International präsentiert sich auch die dänische Designmarke Bolia, die nach wie vor auf Massivholz, Wolle, Metall und Marmor setzt, sich in diesem Jahr aber auch von japanischen Stilelementen inspirieren ließ: „Die Schlichtheit der Formensprache und der Respekt vor der Natur hat in Japan einen hohen Stellenwert. Seit dem 20. Jahrhundert haben sich skandinavisches und japanisches Design trotz des geografischen Abstandes gegenseitig inspiriert“, erklärt uns Bolia-Geschäftsführer Lars Lyse Hansen.
Kurzum: Abseits vom ruhig fließenden Hauptstrom werden auch Befürworter exzentrischer Designs, Freunde des Mid-Century-Stils, Verfechter etablierter Designklassiker oder Cocooning-Fans – indes übrigens abgelöst vom dänischen Wort „Hygge“ für kuschelig-wohnliche Gemütlichkeit – in diesem Jahr fündig werden. Tod der klassischen Küche Während zwischen Couch, Sessel und Beistelltisch also Unsicherheit herrscht, ob man sich nun in der Zukunft oder noch im letzten Jahrhundert befindet, und darum sicherheitshalber auf Zeitloses setzt, gibt sich die Küche weniger mysteriös.
„Die klassische Küche stirbt aus!“
Fest steht: Der Trend zur Wohnküche setzt sich nicht nur fort, er scheint das Hype-Stadium indes überwunden zu haben und sich zunehmend als Norm zu etablieren. Abgelöst wird der einst separate Bereich von einem fließenden Raum, der Trennwände einspart und stattdessen Esstisch, Küchenzeile und Wohnzimmerinterieur miteinander verschmelzen lässt. Trendforscher Frank A. Reinhardt, der alljährlich auf der IMM referiert, glaubt, dass sich „die typischen Bezeichnungen ‚Wohnzimmer‘ oder ‚Küche‘ irgendwann auflösen“ und IMM-Sprecher Markus Majerus formuliert es noch ein wenig drastischer, indem er gar ausruft: „Die klassische Küche stirbt aus!“
Vorbei also die ausgelassene Küchenparty? Keineswegs. Vielmehr fördert der zusammengelegte Bereich die Kommunikation noch und lässt das gemeinsame Kochen zum geselligen Event werden. Und das scheint angekommen zu sein – 25 Prozent aller in Neubauten wohnenden Deutschen bevorzugen die ineinander übergehende Wohnform der Bereiche „Kochen-Essen-Wohnen“, betont Kirk Mangels, Geschäftsführer von „Die moderne Küche e. V.“ Küche und Wohnzimmer – das neue Traumpaar also, nicht mehr nur liebäugelnd, sondern fest liiert.
„Die klassische weiße Küche ist eher rückläufig – gefragt sind wärmere und gemütlichere Farben.“ – Hans Strothoff, Gründer der MHK-Group
Doch der geteilte Lebensraum bringt neue Anforderungen mit sich: Die Wohnküche muss Flexibilität aufweisen, soll praktikabel und funktional in der Handhabe und zugleich ästhetisch sein, möge aber bitte auch hinsichtlich Ergonomie, Energieverbrauch und Stauraum Höchstleistungen erbringen.
Ein echtes Allroundtalent wird gefordert, immer häufiger gefertigt aus soliden Materialien wie Beton, Granit oder Massivholz, versehen mit robusten Keramik-Arbeitsflächen, Kassettenfronten aus Lack-Laminat oder auch Echtholzfurnier.
„Die klassische weiße Küche ist eher rückläufig – gefragt sind wärmere und gemütlichere Farben. Sogar der Landhausstil erlebt ein leises Comeback“, beobachtet Hans Strothoff, Vorstandsvorsitzender der Musterhaus Küchen-Gruppe.
Noch immer in aller Munde: Das Phänomen „Home Connect“. Hinter dem Begriff steckt ein elektronisches System, mit dem Haushaltsgeräte über das Smartphone, Tablet oder den PC durch die gleichnamige App gesteuert werden können.
Zusätzliche Hardware wird nicht benötigt – die Endgeräte wie Kühlschrank, Waschmaschine, Geschirrspüler oder Lichtquellen müssen lediglich über einen WLAN-Chip verfügen und systemkompatibel sein, um „online“ zu gehen. So kann der Kaffee schon vom Bett aus geordert werden, dank der „Coffee-Playlist“ natürlich genau so, wie ihn sich der jeweilige Bewohner wünscht.
Die Spül-Tabs sind leer? Nicht mit der Home-Connect-App, die seinen Nutzer benachrichtigt, bevor die Tabletten zu Neige gehen. Kompatibel ist die App derzeit aber nur mit Bosch- und Siemens-Geräten. Ziemlich smart präsentieren sich in diesem Jahr also die Hersteller von Haushaltsgeräten, die nicht mehr nur funktional sein müssen, sondern gerne auch „Köpfchen“ beweisen dürfen.
Ist ausreichend Butter im Kühlschrank? Reichen die Eier noch für den Rührkuchen aus? Fragen, die sich auch der Besitzer des „Family Hub“ von Samsung künftig nicht mehr stellen muss – das Lebensmittelmanagement übernimmt der vollvernetzte Kühlschrank.
Der WLAN-fähige High-Tech-Riese ist mit Kameras ausgestattet, die eine Produktübersicht auf den integrierten Touchscreen projizieren, der zudem als Terminkalender, Whiteboard oder TV fungiert. Auch der bewährte Einkaufszettel wird von einem digitalen Nachfolger abgelöst: Per App wird der Inhalt des Kühlschranks gescannt und direkt auf das Smartphone übertragen.
High-End-Hersteller Gaggenau weiß ebenfalls um den Stellenwert der Digitalisierung und präsentiert mit dem Vollautomaten CM 450 100 eine hochtechnisierte Brühmaschine. Touch-Display, verschiedene Lichtszenarien, Durchlauferhitzer für die ständige Bereitschaft und eine Personalisierungsfunktion, die es verschiedenen Nutzern ermöglicht, den Kaffee durch unterschiedliche Röstgrade oder Temperaturen an die eigenen geschmacklichen Vorlieben anzupassen, sind nur einige der verfügbaren Funktionen.
Küchenexperte Kirk Mangels prognostiziert: „Die noch am Anfang stehende Technologie lässt futuristische Visionen und Phantasien zu, die ungeahnte Möglichkeiten erlauben. Wenn der Kühlschrank selbst weiß, welche Zutaten für einen Eintopf fehlen und den Einkaufszettel selbstständig an den Online-Shop schickt, dann ist das „Smart Home“ Realität.“
Doch nicht nur die private Umgebung verändert sich mit unserem wandelnden Lebensstil. Auch Unternehmen müssen sich mit dem Schlüsselwort „Digitalisierung“ auseinandersetzen und auf sich verändernde Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter reagieren.
Zwar setzen noch immer über 80 Prozent deutscher Unternehmen auf feste Arbeitsplätze, doch Experten rechnen damit, dass diese hierarchische Raumaufteilung schon sehr bald von flexibleren Büroflächen verdrängt wird. Unternehmensberater Winfried Titze, der mit der Studie „Büro- und Objektmöbel in Deutschland bis 2020 – Marktsituation und Zukunftstrends“ gegenwärtige Branchentrends beleuchtet, erklärt: „Die künftigen Büroarbeitswelten unterscheiden sich deutlich von dem, was in den letzten Jahrzehnten ein Büro ausmachte. Abteilungsübergreifende Projektarbeit wird immer öfter zum Standard und die täglichen Arbeitsprozesse werden somit komplexer.“
Statt des zugeteilten Schreibtischs werden künftig sogenannte „Home Bases“ als kooperative Teamfläche fungieren – das muss nicht zwangsläufig der Konferenztisch sein. So haben Facebook, Google und viele andere High-Tech-Konzerne aus dem Silicon Valley längst erkannt, dass der Tischkicker, die gemütliche Couchlandschaft oder das integrierte Fitnessstudio keineswegs überflüssige Spielereien darstellen, sondern die Identifikation mit dem Unternehmen verstärken, indem private Bedürfnisse mit der Arbeit verknüpft werden.
Wer sich im Büro wohlfühlt, so das Credo, der wird auch später nach Hause gehen. Könnte der Tag denn schöner beginnen als im „Work Café“, wo zunächst ein Latte Macchiato geschlürft wird, während am Laptop die jüngsten Mails gecheckt werden? Zum Team-Meeting geht es dann in die Lounge oder an „Shared Desks“, die in gläsernen Kuben stehen und nicht zuletzt den Stellenwert der Transparenz unterstreichen. Stehen individuelle Arbeiten oder eine Telefonkonferenz an, die Ruhe erfordert, so bietet sich der Rückzug in kleine Denk-Kapseln an. Das Büro der Zukunft – näher als gedacht.
Es gilt also, das Arbeitsumfeld so zu gestalten, dass Effizienz, Innovationskraft und Motivation gesteigert werden. Um den wachen Geist der Mitarbeiter zu fördern, bringen immer mehr Hersteller Produkte auf den Markt, die – ob sitzend oder stehend – verschiedene Arbeitsweisen ermöglichen.
So präsentiert USM mit „Kitos M“ einen mechanisch Auch Vitra weiß, worauf es im modernen Büro ankommt: der Tisch „Tyde“ punktet mit elektrischer Höhenverstellung und dämpft Umgebungsgeräusche durch Screens aus Polyestervlies. „Komfort“ lautet auch das Stichwort bei Herman Miller – Designer Don Chadwick hat den Bürostuhl „Aeron Chair“ unter Berücksichtigung der neuen Anforderungen an Ergonomie, Neigungsmechanismen und Materialien überarbeitet.
Von Vollhölzern über clevere Kühlschränke bis hin zum revolutionierten Arbeitsplatz – der wichtigste Trend in diesem Jahr lautet wohl: Demokratie statt Diktat der Mode, alles darf nebeneinander existieren. Designer Tom Dixon, dessen Werke sowohl im MoMA New York als auch im Centre Pompidou zu finden sind, sieht ob der breiten Vielfalt und fehlenden klaren Trends künftig spannende Entwicklungen auf die Designwelt zukommen: „Es bricht eine sehr interessante Zeit für das Design an.
Überall sieht man einen grundlegenden Wandel im Verhältnis zwischen Designern, Herstellern, Verbrauchern und der sie alle umgebenden Infrastruktur. Die gesamte Branche ist fundamentalen Veränderungen ausgesetzt, genau wie vor zehn Jahren die Musikindustrie.“
2017 gibt es nahezu so viele Trends, wie unterschiedliche Wohntypen. Wo sich die Einrichtungen einst kaum unterschieden – man denke an den omnipräsenten Nierentisch der 50er oder die „Lounge Chairs“ aus den Seventies – passt sich der Lebensraum heute immer individueller an den Bewohner und seine Bedürfnisse an. „Früher hat man die Wohnung eher für andere eingerichtet“, erklärt IMM-Sprecher Majerus die Veränderung. „Heute traut sich jeder, er selbst zu sein.“
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