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2022-10-14 01:43:11 By : Ms. Maggie Lee

Alan Aguilar arbeitet als Fensterputzer. Er muss dabei Taucherbrille, Pressluftflasche und Neopren tragen. Und manchmal muss er mit der linken Hand ein paar Papageienfische verscheuchen, wenn er mit der rechten die Gummilippe über die drei Mal drei Meter große Scheibe knapp oberhalb des Meeresbodens zieht. Oder einen Rochen vorbeilassen.  Der Mann von den Philippinen, der ursprünglich mal als Tauchlehrer aktiv war, hat sich schnell daran gewöhnt. Er gleitet Tag für Tag mit Reinigungsgeräten durch künstlich gealterte Ruinen vom Reißbrett in 15 Meter Wassertiefe und sorgt dafür, dass die Bewohner der beiden Unterwasser-Suiten im Hotel Atlantis The Palm in Dubai von Bett und Whirl-Wanne aus freie Sicht durch 77 Zentimeter dicke Scheiben aus Acrylglas in das Innere eines Elf-Millionen-Liter-Aquariums mit 65.000 Fischen haben. 

Der Ausblick ist zum Träumen schön, wie ein Tauchgang mit einem Glas Champagner in der Hand, wie ein Spaziergang auf dem Meeresgrund ganz ohne schweres Gerät auf dem Rücken. Leuchtende Fische in allen Farben des Regenbogens ziehen vorbei, tänzeln Tag und Nacht durch künstlich gealterte Tempelruinen eines geschickt arrangierten Pseudo-Atlantis. Zwei steinerne Sessel stehen dort auf dem Meeresgrund, raketenartige Obelisken ragen Richtung Himmel. Verziert sind sie alle mit geheimnisvollen Hieroglyphen. Und aus versteckten Boxen schmachtet Louis Armstrong „What a wonderful world“. Es gibt nur wenige Hotelsuiten, deren Schlafzimmer-Gardine man gerne die ganze Nacht offen lässt – obwohl sich draußen ein paar Dutzend Zuschauer zusammenrotten, die ungeniert mit ihren kreisrunden Glubschaugen hineinstarren. Hier ist das so. Und all die Neugierigen verschwinden erst und auch nur für kurze Zeit, wenn ein paar Rochen an der drei mal drei Meter großen Schlafzimmerscheibe vorbeischrammen und den Schwarm Papageienfische aufmischen.  Beklemmend ist der Gedanke an all das Wasser vorm Fenster zu keinem Zeitpunkt. Eher beruhigt der Blick ins gleichmäßige Blau, hinaus auf die Gelassenheit der Fische. Es ist, wie ewig zu tauchen, ohne sich Gedanken über die Füllmenge irgendwelcher Pressluftflaschen machen zu müssen.

Dabei ist so viel Schönheit schlecht für die Nachtruhe – der Blick ist wirklich so prachtvoll, dass das Herausschauen wichtiger erscheint als der Schlaf. Schön, dass Butler Pratham auf Knopfdruck noch ein Gläschen Champagner und ein paar Erdbeeren auf dem Meeresgrund serviert. Und Teelichter auf dem Beckenrand des Whirlpools im angrenzenden Badezimmer drapiert – ebenfalls mit Panoramablick in die Unterwasserwelt.  Die beiden Unterwasser-Suiten im Atlantis The Palm gibt es seit Eröffnung des Luxushotels – und sie sind seither fast immer ausgebucht, zu Preisen ab umgerechnet rund 3200 € pro Nacht. Fensterputzer Alan Aguilar kann übrigens vom Wasser aus nahezu nichts von der Pracht im Inneren der beiden Suiten erkennen, wenn er die Scheiben reinigt. Zur Sicherheit kündigt der Butler trotzdem jeden Tag an, wann etwa der Fensterputzer vorbeigeschwommen kommt ...

Die künstliche Inselgruppe "The Palm, Jumeirah" liegt zwischen dem Hafen Jebel Ali und dem Zentrum von Dubai, ist 5,7 Quadratkilometer groß (zum Vergleich: Sylt misst 99 qkm) und besteht aus dem „Stamm“ (per Brücke mit dem Festland verbunden), den „Palmenwedeln“ und dem sie umgebenden Außenring zum Schutz gegen Sturmfluten. Auf dem Außenring befinden sich auch der große Hotel- und Vergnügungskomplex Atlantis, The Palm und weitere Resorts.

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Helge Sobik ist Journalist, hat die halbe Welt bereist, inzwischen über 30 Bücher geschrieben – und erklärt vier-, fünfmal im Jahr in Seminaren, wie man es genau anstellt, übers Reisen zu schreiben. 

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