Keine Feier ohne Korkenknall - Natalie Lumpp zum Comeback des Sekts - Baden-Württemberg - Pforzheimer-Zeitung

2022-10-17 22:31:39 By : Mr. Eric Li

„Ein Fest ohne etwas Prickelndes geht ja gar nicht“, sagt Natalie Lumpp. Sie muss es wissen, denn als Sommelière und Weinautorin ist sie bei vielen festlichen Anlässen mit dem Sektgenuss vertraut.

Sekt aus Magnumflaschen schmeckt einfach besser.“ Natalie Lumpp hat am Tag vor dem Gespräch mit der PZ bei der Wahl der deutschen Weinkönigin in Neustadt an der Weinstraße den Schaumwein aus den großen Flaschen genossen. Eigentlich ein typisches Ereignis für den Sektgenuss: Für fast 63 Prozent der Verbraucher sind Geburtstage der beliebteste Anlass für ein Glas Sekt, gefolgt von Partys und anderen Familienfeiern. „Durch die Kohlensäure geht der Alkohol schneller ins Blut, die Leute werden gleich viel lockerer. Sekt macht frisch und ist obendrein noch sehr bekömmlich“, erklärt Lumpp. Ideal also für feucht-fröhliche, gesellige Runden.

Doch es gibt für die seit 2017 für Gault-Millau aktive Weintesterin offenbar immer öfter einen Grund, auch ohne festlichen Anlass deutschen Sekt zu trinken. Zum Beispiel als Aperitif. Oder: „Ich habe auch oft Lust, abends Sekt zu trinken. Und wenn eine Freundin mittrinkt, bleiben wir auch den Abend über dabei. Da haben wir gar kein Problem damit“, gesteht Lumpp.

Probleme mit dem Absatz haben allerdings die Schaumwein-Produzenten: Wurden 2006 in Deutschland noch 3,455 Millionen Hektoliter Schaumwein getrunken, sank die Zahl bis 2021 kontinuierlich auf 2,644 Millionen Hektoliter. Wird 2022 ein gutes Sektjahr?

Immerhin gibt es aktuell einen Lichtblick: Wurde im Coronajahr 2020 pro Kopf in Deutschland 3,2 Liter Schaumwein getrunken, waren es 2021 nur noch 2,9 Liter. Hoffnung für die Hersteller der prickelnden Köstlichkeit machen die Absatzzahlen fürs erste Halbjahr 2022, denn bislang ist der Schaumweingenuss in Deutschland wieder auf 3,1 Liter pro Kopf gestiegen.

„Die deutschen Sektweltmeister“ würden gerade ins Grübeln geraten, so Natalie Lumpp. Die Preise im Handel hätten angezogen, gleichzeitig aber würden etliche Schaumweingenießer weniger trinken und dafür mehr auf Qualität achten. Was nebenbei auch „die Kopfweh-Gefahr senken“ würde, so die durch viele TV-Auftritte bekannt gewordene Sommelière.

Wenn ein schwäbischer Sekt volle 100 Punkte im Gault-Millau bekommen kann, dann ist das zwar immer noch eine Ausnahme, aber immer mehr Schaumweine würden in obere Regionen drängen. „Die Qualität des deutschen Sekts ist besser denn je. Da können viele locker mit Champagner mithalten“, sagt Lumpp und fordert mehr Selbstbewusstsein der Hersteller ein. Bei etlichen Blindverkostungen, an denen sie teilgenommen habe, seien die Teilnehmer von den hochwertigen Sektkreationen begeistert gewesen.

Im neuen Sekt „Schweickert Réserve“ der „Sektkellerei E. Schweickert“ aus Niefern sieht sie ein Beispiel für einen zukunftsträchtigen Trend in der Schaumweinszene. Eine lange Reifung auf der Hefe sorge für eine feinere Perlage und einen intensiveren Geschmack – so werde eine hohe Wertigkeit und geschmackliche Einmaligkeit erreicht.

Um einen Sekt „brut nature“ zu machen, also fast ganz ohne Restsüße, müsse man besonders darauf achten, „dass die Säure sehr harmonisch ist“, was aber „sehr diffizil“ sei. Auch das wäre ein aktueller Trend hin zu besonderen Qualitätsmerkmalen.

Noch relativ neu und vor allem bei ökologisch arbeitenden Winzern zu finden sind Schaumweine mit dem Kürzel „Pet nat“, das für „Pétillant naturel“ („natürlicher Prickler“) steht. Dieser Sekt wird nicht von der Hefe degorgiert und sieht dementsprechend trüb in der Flasche aus. Ob sich dieser Trend durchsetzt, werde sich erst noch zeigen. Dagegen bleibe der Rosé-Sekt, wenn er von gutem Lesegut stamme, weiterhin ein „Top-Thema“.

1: In der Ruhe liegt die Kraft

Natalie Lumpp rät, Sekt „so jung es geht zu trinken“, wobei nicht das Alter des Genießers, sondern die Frische des Sekts gemeint ist. Aber: Nach den Erschütterungen beim Transport sollte man den Sekt am besten zwei Wochen lang liegend lagern. Also frühzeitig den Vorrat für die kommenden Festtage auffüllen und dann ausruhen lassen.

Der Korken knallt, der Sekt schießt aus der Flasche – und schon sind Bluse oder Hemd nass. „Das geht auch ohne Flecken“, sagt Lumpp. Man müsse nur die Flasche beim Öffnen schräg halten, den Kork mit der Hand fixieren und dann die Flasche drehen.

Wie bleibt Sekt am Tisch lange kalt? Man muss den Sektkühler bis zum Flaschenhals mit kaltem Wasser und Eiswürfeln füllen und dann eine ordentliche Handvoll Salz einwerfen. Das senkt den Gefrierpunkt und die Flasche bleibt länger kühl.

Natalie Lumpp, gebürtige Freiburgerin und Deutschlands bekannteste Sommelière weiß, warum die Weine aus Baden und Württemberg besondere Kostbarkeiten sind, und wie man sie am besten genießt. In ihrem Buch vereint sie Wein-Wissen mit Tipps rund um Genuss und Gastfreundschaft zu einer anregenden „fröhlichen Wissenschaft“. Ein praktischer Ratgeber und ein wunderbares Geschenk für Weinliebhaberinnen und -liebhaber, nicht nur im Südwesten. Natürlich gibt es im Buch auch ein Kapitel über Sekt.

Das Buch erhielt in der Schweiz den „Swiss Gourmet Book Award“ in Silber.

„Weinland Baden-Württemberg“, Natalie Lumpp, Belser Verlag 2020, 160 Seiten, 180 Farbfotos, 20 Euro