Heimatmuseum Gechingen: Besucher bewundern Dutzende historische Puppenstuben - Gäu - Schwarzwälder Bote

2022-10-10 21:12:24 By : Mr. allen lin

Die Puppenstuben-Ausstellung am letzten Museumssonntag 2022 im Gechinger Heimatmuseum "Appeleshof" war ein echter Besuchermagnet und bescherte dem Museumsteam zum Abschluss der Saison noch mal ein volles Haus.

Gechingen - Schon kurz nach Öffnung der Einrichtung waren die in der Erdgeschosshalle ausgestellten rund 30 Puppenstuben und -häuser umringt von interessierten Besuchern, die sich in die Details der bis aufs i-Tüpfelchen ausgeschmückten Miniatur-Lebenswelten vertieften. Puppenstuben und Kaufläden wurden in früheren Zeiten zu Weihnachten vom Dachboden geholt, von den Eltern, meist waren es die Mütter, aufgehübscht und mit neuen Möbelchen, Püppchen und Dekorationen ausgestattet, um nach einiger Zeit wieder weggeräumt zu werden bis zum nächsten Jahr. Solche historisch anmutenden Exemplare gab es in der Ausstellung auch zu sehen und diese weckten bei den Besuchern so manche Erinnerung an die eigene Kinderzeit.

Mit Lotte Weiß und Karin Jackson gibt es in Gechingen jedoch auch zwei würdige Nachfolgerinnen der Puppenstuben-Bastler vergangener Zeiten. Der Großteil der ausgestellten Exemplare trägt ihrer beider Handschrift. Sie haben mit viel Fantasie, Kreativität wie auch handwerklichem Geschick und Fingerfertigkeit den Aufbau und die Ausgestaltung von Puppenstuben sowie Ladengeschäften zu ihrem Hobby gemacht. Und welche thematische Vielfalt galt es da zu bestaunen. Eine Schlehengäu-Apotheke en miniature zum Beispiel mit großer Theke und vielen kleinteiligen Wandregalen, bestückt mit unzähligen Döschen und Fläschchen. Oder einen Blumen- und Gemüseladen, der keinen Obst- und Gemüsewunsch offenlässt. Dann das Bürozimmer eines gut situierten Hausherrn aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts. Oder eine stilvolle Puppen-Wohnküche mit raumhohen Regalen, in denen blau-weißes Porzellangeschirr aufgereiht ist, auf dem gemauerten Herd Fleisch und Gemüse brutzeln und um den großen Esstisch in der Mitte Püppchen in Folklore-Tracht sitzen und sich‘s schmecken lassen.

Jackson hat ihre Puppenstuben zuhause immer um sich: "Sie stehen alle aufgereiht in Regalen", erzählt sie. An Ideen mangelt es ihr nicht, wie ihre detailreiche Winterlandschaft zeigt oder der üppig bestückte Weihnachtsladen, in dem es Glaskügelchen aus echtem Glas gibt. Sogar ein drehbares Puppenhaus hat sie gebaut und gestaltet. Von der einen Seite sind die Wohnräume zu bespielen. Dreht man es, kommt man auf Balkon, Terrasse und in den Garten. Wenn die Gechingerin unterwegs ist, findet sie quasi überall Inspiration für ihre Puppenstuben und auch für deren Ausgestaltung. Manche Deko wird gekauft, das meiste ist jedoch handgemacht, angefangen vom Stubenrahmen über die Einrichtung und die Kleidung der "Bewohner". So liegt im Kinderzimmer, das Weiß gestaltet hat, ein gehäkelter Rundteppich, der Kinderwagen aus Pappe hat ein Strickkleid und die Bettchenwäsche samt Kleidung der Püppchen ist ebenfalls handgenäht. "Das sind Möbelchen, die noch meine Mutter für meine damalige Puppenstube gebastelt hat", zeigt die 98-Jährige stolz in einem ihrer Wohnzimmer auf einen Tisch mit dunkler Samttischdecke und entsprechend bezogenen Stühlchen.

Die lange Schlange um die ausgestellten Exponate bewegte sich zeitweise nur langsam, denn es gab so viel zu sehen, über das man sich unterhalten konnte. Auch mit den beiden anwesenden "Puppenstuben-Müttern" kamen die Besucher rege ins Gespräch. Wie sich zeigte, waren auch weitere Puppenstuben-Liebhaberinnen und -bastlerinnen darunter und so wurden fleißig Tipps ausgetauscht.

Selbst der Initiator des Heimatmuseums, Fritz Roller, der dieser Tage seinen 100. Geburtstag feiern darf, war am letzten Museumssonntag des Jahres wieder dabei und zeigte manchem Besucher die anderen Schätze, die im Lauf der Jahre im Museum ihre Heimat gefunden und für die Nachwelt gesammelt wurden.

"Wir sind sehr zufrieden", äußert sich Norbert Jensen, Vorsitzender des Arbeitskreises Heimatgeschichte, mit Blick auf die zurückliegende Saison gegenüber dem Schwarzwälder Boten. Von Frühjahr bis Herbst hatten sich die Besucher jeweils am ersten Sonntag des Monats von einer Schau mit historischen Wertpapieren genauso begeistern lassen wie von der Ausstellung "Gechinger Alte Meister – Gemälde von Dr. Otto Stein und Willy F. Kübler" oder eben der Puppenstubenschau zum Abschluss der Saison. "Im Schnitt hatten wir 100 bis 150 Besucher", berichtet Jensen. Zur Ausstellung von rund 30 Puppenstuben und -küchen hatte er mit rund 180 Interessierten gerechnet, "es sind genau 211 geworden".

Gefragt sind das Wissen der AK-Mitglieder und der "Appeleshof" mit einem großen Schatz an Exponaten jedes Jahr auch bei Sonderführungen. Erst neulich hatte eine Gruppe von Lehrern der Calwer Waldorfschule sich für eine solche angekündigt. Jensen lässt es sich nicht nehmen, regelmäßig Gechinger Zweitklässler zu ihrem Projekttag "Heimat" durchs Museum zu führen und eine heimatgeschichtliche Wanderung mit ihnen zu machen. "Diese führt unter anderem zum Sedansplatz und zum Keltengrab", berichtet der Vorsitzende.

Eine Premiere wird es am 4. November mit der "Kindernacht im Museum" geben. In Kooperation mit der Schlehengäuschule werden sich rund 40 Jungen und Mädchen mit der "Legende vom Ufemärgemänndle" befassen. Die Kinder werden erfahren, was es mit der Figur, die in Holz im Museum zu bestaunen ist, auf sich hat. Wann das "Ufemärgemänndle" in Gechingen auftauchte, woher es kommt und wen es darstellen soll, weiß niemand so genau. Und doch ist die rund zwei Meter große, bunte Holzfigur so etwas wie ein Wahrzeichen der Gäugemeinde – Spannung ist also garantiert.