Die Ernährungsdocs

2022-10-11 07:47:12 By : Ms. Elizabeth Wu

Wohlbefinden, Essen und Gewicht hängen eng zusammen. Menschen mit Depression beobachten oft Gewichtsveränderungen. Sie profitieren von einer antientzündlichen Ernährungsweise und regelmäßigen Mahlzeiten.

Wer in eine Depression gerät, kann den Alltag nicht mehr bewältigen wie zuvor, auch Essen und Trinken geraten oftmals aus dem Takt. Mit der Erkrankung der Seele ändert sich der Appetit: Manche Betroffene mögen kaum etwas zu sich nehmen und magern ab - andere versuchen, sich mit Essen und oft mit Süßem zu trösten, was in eine zuckergetriebene Heißhungerspirale führen kann.

Gemeinsam ist fast allen depressiven Menschen, dass ihnen oft der Antrieb und die Kraft fehlen, ihre Mahlzeiten regelmäßig einzunehmen und sich ausgewogen zu ernähren. Als Folge fehlen dem Körper wichtige Nährstoffe.

Hinzu kommt, dass viele Medikamente gegen Depression Gewichtsveränderungen begünstigen: indirekt durch ihre dämpfende Wirkung oder auch direkt durch Arzneistoffe, die in die Appetitregulierung oder in den Zuckerstoffwechsel eingreifen. Eine Gewichtsabnahme kann besonders bei älteren Menschen zu gefährlichem Untergewicht führen. Wer wiederum durch die Medikation unbeabsichtigt zunimmt und dieser Nebenwirkung hilflos gegenübersteht, ist in seiner Depression noch zusätzlich belastet.

Betroffene, die mit einer medikamentösen Therapie beginnen, sollten deshalb ihr Körpergewicht in den ersten Wochen beobachten und den Arzt über unerwünschte Veränderungen informieren. Dieser kann dann rechtzeitig gegensteuern - notfalls mit anderer Medikation. Dabei ist zu beachten, dass man Antidepressiva nicht von heute absetzen oder tauschen darf. In jedem Fall müssen Gewichtsveränderungen aber ernst genommen werden, denn sie sind nicht nur ein kosmetisches Problem, sondern können als Folge Bluthochdruck oder ein metabolisches Syndrom nach sich ziehen.

Wie Forscher herausfanden, spielen unterschwellige Entzündungen bei Entstehung und Fortbestand von Depressionen häufig eine Rolle. Daher scheint eine antientzündliche, zuckerarme Ernährungsweise unterstützend gegen das Leiden zu wirken. Neueren Forschungsarbeiten, etwa einer australischen Studie, zufolge ist gesunde Ernährung als wichtige Säule in der Depressionstherapie anzusehen.

Ein offenbar sehr wirksamer Schritt ist, eventuelles Übergewicht zu reduzieren, denn das Bauchfett produziert entzündungsfördernde Hormone. Erwiesen ist, dass bei Menschen mit starkem - insbesondere bauchbetontem - Übergewicht bestimmte Entzündungsbotenstoffe (Zytokine) erhöht sind, ebenso bei Menschen mit Depressionen. Die höchsten Konzentrationen bestimmter Zytokine zeigten depressive Patienten, die zusätzlich adipös waren. Die Forscher erklären sich dies damit, dass Zytokine die Ausschüttung von Botenstoffen im Gehirn beeinflussen und unter anderem die Produktion von Serotonin - dem sogenannten Glückshormon - senken können.

Darüber hinaus vermuten Wissenschaftler einen Einfluss des bakteriellen Darmmikrobioms: Eine ungünstige Bakterienzusammensetzung sowie Entzündungen im Darm könnten das Gehirn und die Psyche beeinflussen, wie 2019 eine Studie zeigte. Denn über bestimmte Nervenbahnen, die sogenannte Darm-Hirn-Achse, kommunizieren unser Bauch und unser Gehirn. Bestimmte Arten von Darmbakterien scheinen das seelische Gleichgewicht positiv verändern können. Manche sprechen hier von "psychobiotischen Darmbakterien". Ausreichend Pro- und Präbiotika - wie etwa Gemüse, Vollkorngetreide, Joghurt oder Kefir - fördern die gesunden Darmbakterien.

Die Umstellung auf eine gesündere Ernährung ist bei Depression ein ergänzender Behandlungsversuch. Der ernährungstherapeutische Ansatz ist dabei besonders erfolgversprechend, wenn erhöhtes Körpergewicht und ein Entzündungsgeschehen vorliegen.

Mahlzeitenstruktur einhalten: Achten Sie möglichst auf drei regelmäßige Hauptmahlzeiten. Lassen Sie keine Mahlzeit aus, naschen Sie aber auch nicht zwischendurch. Gute Helfer für mehr Struktur sind Wochenpläne und Einkaufslisten. Überlegen Sie eventuell, wer Sie dabei unterstützen kann, regelmäßig frisch und gesund zu essen.Achtsamkeit üben: Essen Sie achtsam, mit Genuss, ohne negative Gefühle. Seien Sie gut zu sich. Geben Sie Ihrem Körper, was er braucht. Ein Achtsamkeitstraining kann helfen.Entzündungshemmend essen: Reduzieren Sie "leere" Kohlenhydrate (süße Getränke, helle Backwaren, zuckerreiche Speisen), wählen Sie stattdessen bevorzugt ballaststoffreiche Vollkornprodukte. Die sättigen und unterstützen eine gesunde Darmflora. Erhöhen Sie schrittweise die Eiweiß- und Gemüsezufuhr. Zu empfehlen ist pflanzliches Eiweiß aus Nüssen, Kernen, Hülsenfrüchten und Pilzen. Gemüse, Obst und Kräuter liefern entzündungshemmende sekundäre Pflanzenstoffe. Die besonders in fettem Seefisch (Lachs, Hering, Makrele) sowie in Leinöl und Walnussöl enthaltenen Omega-3-Fettsäuren unterstützen den Organismus dabei, Entzündungen zu bekämpfen.Notfallration: Sorgen Sie vor für "dunkle Tage", halten Sie dafür gesunde Naschereien parat, zum Beispiel Nüsse, Trockenfrüchte, Gemüse-Chips oder dunkle Schokolade, eventuell einen gut sättigenden medizinischen Eiweißshake.Ausreichend trinken: Trinken Sie schon, bevor das Durstgefühl einsetzt - insgesamt zwei Liter am Tag oder mehr. Zu empfehlen sind Wasser und ungesüßte Tees, keine zuckerhaltigen Getränke.

Essen, das gut ausgewogen Nährstoffe zuführt und keine großen Koch-Anstrengungen bereitet: Hier finden Sie geeignete Rezepte und Lebensmittel-Listen (auch zum Herunterladen).

Eine Auswahl leichter und leckerer Gerichte, um die Linderung einer Depression zu unterstützen. mehr

2 handtellergroße Portionen/Tag Empfehlenswert: Vollkornbrot; Haferflocken, Müsli ohne Zucker; Vollkornnudeln, Vollkornreis, PellkartoffelnNicht empfehlenswert: Weißbrot, Toastbrot, Croissant, Knäckebrot, Zwieback, Weizen- und Milchbrötchen, Laugengebäck; Hartweizennudeln, geschälter Reis, Pommes, Kroketten, Kartoffelbrei, Pfannkuchen, Kartoffelpuffer

maximal 1 kleine Handvoll Empfehlenswert (gelegentlich): mindestens 70%-ige Zartbitterschokolade; Nüsse, Trockenfrüchte, GemüsechipsNicht empfehlenswert: Süßigkeiten, süße Backwaren, süße Milchprodukte (s. u.), Eiscreme, Chips, Salzgebäck

1-2 Portionen/Tag - eine große Handvoll reicht aus Empfehlenswert: alle zuckerarmen Obstsorten (wie Äpfel, Aprikosen, Mandarinen, Wassermelonen ...)Eingeschränkt empfehlenswert: zuckerreiche Obstsorten: Ananas, Banane, Birne, Honigmelone, Kaki (Sharon), Mango, Weintrauben, SüßkirschenNicht empfehlenswert: kandierte Früchte/gezuckertes Trockenobst, gesüßtes Obstmus, gezuckerte Obstkonserven

3 mal 2 Handvoll/Tag Empfehlenswert: alle Salatsorten, gern mit Bitterstoffen (Chicoree, Löwenzahn), auch Blätter von roter Bete, Kohlrabi, Möhrengrün; Gurke, Fenchel, Artischocken, Hülsenfrüchte (Erbsen, Bohnen, Linsen), Möhren, Spinat, Zucchini, alle Kohlarten, Radieschen, Spargel, Sauerkraut; Pilzarten; KräuterWeniger empfehlenswert: Gemüsemischungen mit Butter oder Sahne

ca. 20 g/Tag = eine kleine Handvoll Empfehlenswert: Mandeln, Walnüsse, Haselnüsse, Cashewnüsse, Macadamianüsse, Pinienkerne, Kürbiskerne, Leinsamen, Chia-Samen; in Maßen: SonnenblumenkerneNicht empfehlenswert: gesalzene Nüsse

ca. 2 EL/Tag Empfehlenswert: Olivenöl, Rapsöl; Leinöl (Herstellung unter Ausschluss von Sauerstoff, Hitze und Licht), Walnussöl, Chia-Öl, Hanföl; wenig Butter; zum Braten: KokosölNicht empfehlenswert: Schweine- und Gänseschmalz, Palmfett, Mayonnaise, Sonnenblumenöl, Distelöl

ca. 2 Liter/Tag Empfehlenswert: Wasser, ungezuckerter Tee - besonders grüner Tee und Kräutertee; bis zu drei Tassen Kaffee ohne MilchNicht empfehlenswert: Sojadrink, Fruchtsaft, Softdrinks, Milchmixgetränke (s. u.), Alkohol

2 Portionen/Woche Empfehlenswert: Fisch und Meeresfrüchte - frisch oder TK (omega-3-reich: Lachs, Hering, Makrele)Nicht empfehlenswert: Fisch in Mayonnaise oder Sahne eingelegt, panierter Fisch

max. 1-2 Portionen/Woche, bis je 100 g Rohgewicht Empfehlenswert: Putenbrustaufschnitt, Hühnerfleisch; seltener: Rinderfilet, Kalbfleisch, Wild; Corned BeefNicht empfehlenswert: Paniertes Fleisch; alle übrigen Wurstwaren und generell Schweinefleisch (wegen des hohen Gehalts an Arachidonsäure) - egal ob Aufschnitt, Koch-, Grill-, Brat- oder Bockwurst

Empfehlenswert: ca. 3 Eier pro Woche; bis 300 ml tägl.: Milch 1,5 % Fett, Buttermilch, Speisequark bis 20 % Fett, Naturjoghurt 1,5 % Fett; Harzer Käse, körniger Frischkäse; nur selten: Sahne, saure Sahne, Crème fraîche; Käse bis 45 % Fett i. Tr.: Schnittkäse, Weichkäse, Feta, Mozzarella, FrischkäseNicht empfehlenswert: gesüßte Fertigprodukte wie Pudding, Milchreis, Fruchtjoghurt, Fruchtquark, Kakaozubereitungen, Fruchtbuttermilch

Hamburg Internist, Diabetologe, Ernährungsmediziner Diabetes Zentrum Berliner Tor Beim Strohhause 2 20097 Hamburg www.medicum-hamburg.de

Sektion für Psychoneurobiologie Center of Brain, Behavior and Metabolism Universität zu Lübeck Ratzeburger Allee 160 23562 Lübeck www.pnb.uni-luebeck.de/psychoneurobiologie.html

Zentrum für Integrative Psychiatrie – ZIP gGmbH Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Niemannsweg 147 24105 Kiel www.zip.uksh.de

Bereichsleitung Endokrinologie, Diabetologie und Klinische Ernährungsmedizin Klinik für Innere Medizin I Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Straße 3 24105 Kiel www.uksh.de/innere1-kiel/

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