Ex-ASV-Ass Christian Struck musste im Jahr 1999 mit nur 24 Jahren seine Laufbahn beenden

2022-10-09 00:29:39 By : Ms. Carol Wang

Mit einer HiFi-Anlage, einem Fernseher und einem Glastisch, alles vestaut in seinem alten Golf, zog es Christian „Strucki“ Struck im Jahr 1995 von seiner Heimatstadt Berlin hinaus in die weite Volleyball-Welt. Ziel: diese im Sturm zu erobern. Erste Station: Dachau. Viereinhalb Jahre später geriet dieser Plan nicht nur ins Stocken, er endete jäh – mit zwei Kleinhirninfarkten. Woher diese kamen, was diese ausgelöst hat – es wird wohl ein ewiges Geheimnis bleiben. Keiner der behandelnden Ärzte konnte dem damals 24-Jährigen Sportler erklären, was die Ursache war.

Am 6. November 1999, im Match der ASV Jets Dachau beim VfB Friedrichshafen, nahm die Karriere des damals als kommenden deutschen Volleyball-Stern gehandelten Christian Struck ein bitteres Ende. Der talentierte Diagonalangreifer erlitt während der Begegnung im Volleyball-Tempel am Bodensee einen Schlaganfall. „Das war schon ’ne komische Sache“, erinnert sich Struck. „Auf einmal zog es mich immer nach links. Ich konnte machen was ich wollte, ich konnte nicht mehr geradeaus gehen. Da bekommt man ganz schön Angst“, so der heute 45-Jährige Berliner. Während des Spieles fiel dies auch so manchem Fan auf. „Der trifft den Ball gar nicht richtig. Sieht fast so aus, als wenn er was getrunken hätte“, frotzelten die Unwissenden damals im Dachauer Fanblock ob der plötzlich aufgetretenen, völlig atypischen Ungenauigkeiten beim so akribisch arbeitenden und spielenden Diagonalangreifer.

Was niemand an diesem Abend in der Bodensee-Halle ahnte: Es was der Anfang vom Ende einer verheißungsvollen Karriere. Zwar stieg Struck nach vier Tagen Pause wieder ins Training ein, doch so richtig funktionierte nichts mehr.

Nach einer weiterführenden Untersuchung im Klinikum Großhadern dann die schockierende Diagnose: „Dort wurde festgestellt, dass ich zwei Kleinhirninfarkte hatte. Die rechte hintere Arterie hatte sich geschlossen, sich dann aber wohl einen Weg um die Sperre selbst gesucht. Das war augenscheinlich mein Glück“, erzählt der zwei Meter große Diagonalangreifer. „Als der Professor mir dann sagte, dass es mit dem Volleyball vorbei ist, brach erstmal eine Welt zusammen. 16 Jahre waren wie weggeblasen. Einen Sport, in dem ich die Arme nicht mehr oberhalb des Kopfes schwingen durfte, den konnte ich mir nicht vorstellen“, erzählt der zweifache Familienvater mit bitterer Miene.

Dabei hatte er damals gerade Angebote aus Friedrichshafen und Paris erhalten, die große Volleyballwelt stand der Berliner Schnauze sperrangelweit offen.

Die Geschichte des Christian Struck vor der Krankheit las sich wie ein Märchen. Als Jugendlicher kam Struck noch in die Volleyballförderung des Staates, nach dem Zusammenbruch der DDR spielte er in der ersten Volleyball-Bundesliga beim SV Post Telekom Berlin unter Trainer Michael Mücke; Mitspieler waren damals Leute wie Stefan Pomerenke, Sven Anton und Sven Dörendahl.

Dort bekam der nie um einen Spruch verlegene Struck zunächst seine Grenzen aufgezeigt. „Hier mal ein Training verpennt, da mal was nicht gemacht, was der Trainer gesagt hat – plötzlich war ich raus“, erzählt Strucki, der in Berlin noch als Mittelblocker aktiv war.

Doch das Potenzial des damals 20-Jährigen hatte auch der Dachauer Kulttrainer Stelian Moculescu auf dem Schirm. Struck erinnert sich: „Es hatte sich offensichtlich in der Bundesliga herumgesprochen, dass ich in Berlin gefeuert worden war. Stelu hat mich angerufen und mich gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte, in Dachau zu spielen.“

So fuhr Struck aus der Weltmetropole Berlin in die Große Kreisstadt Dachau, absolvierte dort eine Probetrainingswoche – und wurde danach vom ASV Dachau unter Vertrag genommen. Moculescu funktionierte ihn dann zum Diagonalangreifer um. „Danach bin ich dann wieder nach Berlin, hab meine Sachen gepackt und bin kurze Zeit später in die damalige Volleyball-Wohngemeinschaft in Günding gezogen. Klaus Dammann, der neben Sandor Kantor zur WG gehörte, hat mich da empfangen und mit Blick auf meine paar Klamotten gefragt, wann denn der Umzugswagen kommt“, grinst Struck. „Da hab’ ich auf meinen Golf gezeigt, hab ihm gesagt, dass da die HiFi-Anlage, der Fernseher und ein Glastisch drin sind. Das sei alles“, meint Struck, der die verdutzte Miene Dammanns noch immer vor Augen hat.

Vier Wochen später bekam Christian Struck dann von seinem Vater Hilfe, der Papa kam aus Berlin nach Oberbayern und kaufte mit seinem Sohn erstmal ein Bett und eine Couch. „Bis dahin habe ich auf einer Matratze auf dem Boden gepennt“, verrät der damals so beliebte Berliner Frauenschwarm im ASV-Dress.

Zwei Jahre später ging der ASV Pleite, Struck zog es zum SV Lohhof. Der Trainer in Unterschleißheim hieß Adrian Zoppelt. „Adi wollte mich unbedingt. Also ging ich nach Lohhof. Aber war ich da, zog es Zoppelt zu den ASV-Volleyballern, die damals den Zusatz Jets im Namen hatten. Fortan war Sepp Wolf in Lohhof mein Trainer. Doch nach nicht allzu langer Zeit zog es mich wieder zurück nach Dachau, zu den damaligen Jets und Adi Zoppelt. Da waren wir wieder mit vielen ehemaligen Dachauer Spielern zusammen, es hat einen Riesenspaß gemacht“, erinnert er sich noch gerne an diese Zeit.

Alles war in Ordnung, bis zu jenem 6. November 1999, als die Volleyballwelt für Christian Struck zusammenbrach. „Ich hab dann in Dachau in dem Spieljahr noch ein wenig in der Organisation mitgearbeitet, habe Trainerscheine gemacht. Dann war ich irgendwann Coach in Lohhof, habe da sogar wieder a bisserl gespielt. Aber das war eh nur Sparflamme. Nach und nach hab ich mich dann zurückgezogen“, so Struck.

„Rückblickend war es eine geile Zeit. Vor allem von Stelu hab ich ’ne Menge gelernt, nicht nur volleyballtechnisch“, erzählt der verheiratete Vater von zwei Kindern. „Stelian Moculescu hat mir beigebracht, dass ich die Dinge einfach machen soll“, erzählt er. „Probier es doch einfach mal aus, dann wirst du sehen, ob es klappt oder nicht, hat er mir eingetrichtert. Und darüber bin ich froh, denn dies begleitet mich seitdem auch in meinem Berufsleben: Einfach mal machen und probieren“, erläutert Struck, der mittlerweile Head of Commercial Lending DACH-Region bei Iveco in Unterschleißheim ist.