Düsseldorf: Gastronom verlangt Extrazahlung für Parmesan

2022-10-17 13:29:54 By : Ms. Fandy Lee

Düsseldorf Gute Köche schütteln sich bei Ketchup und Maggi. Aber man muss sich ja nicht alles gefallen lassen. Wie sich Düsseldorfer Gastronomen gegen Gäste wehren, die ihre Speisen verhunzen wollen.

Gute Köche sind Zauberer. Sie verwöhnen ihre Gäste mit Kreationen, die diese, wenn sie genussfreudig sind und über den passenden Geschmack verfügen, mit verklärtem Blick genießen. Aber was, wenn jemand der aufsässigen Idee verfällt, das Gericht nachzuwürzen oder mit Ketchup oder Parmesan „abzurunden“?

Gianni Vitale, Küchenchef im gleichnamigen Restaurant an der Ackerstraße, hat seit zwei Monaten auf der Karte sachdienliche Hinweise unter den Gerichten angefügt: Die Portion Extra-Parmesan kostet nun einen Euro – aber wer Parmesan zu Pasta mit Fisch haben möchte, zahlt drei Euro extra. Grob übersetzt: Man muss sich ja nicht alles gefallen lassen.

Gianni Vitale ist Neapolitaner mit knurrigem Charme und begeisterter Koch. Seine Karte ist klein, aber fein, die Zutaten frisch, die Gerichte immer wieder einfallsreich zusammengestellt. Er hat oft darüber nachgedacht, warum manche Menschen nicht akzeptieren, dass es Sinn macht, wenn einige Gerichte ohne Parmesan aus der Küche kommen. Nun hat Vitale keine Lust, die Kunden zu bekehren, aber er dachte sich: „Ein bisschen Schmerzensgeld muss sein.“

Gezahlt hat es bislang ein einziger Gast, der zugab, er wisse ja, dass Parmesan nicht zum Fisch gehöre, aber er es esse halt so gerne. Ein netter Mann, wie Vitale über den Herrn mit der Geschmacksverirrung anmerkt. Überhaupt komme die neue Regelung überwiegend gut an, sagt der Don der Cucina Vitale, die meisten fänden sie lustig.

Allerdings ist ansonsten plötzlich eine Parmesan-Askese ausgebrochen. Der eine Euro für die Extra-Portion des Reibekäses (die in Gratis-Zeiten fünf bis sechs Mal am Abend angefordert wurde) gilt den Menschen nun als Angebot, das man gut und gerne ablehnen kann.

Wozu Gratis-Parmesan führen kann, hat Guiseppe Saitta in Oberkassel gemerkt. Es habe Gäste gegeben, die ein Glas Wein geordert hätten und sich dann über die Tischausstattung hergemacht hätten. Zum Standard gehörten Öl, Balsamico-Essig und ein Korb mit Brot. Die Gäste ließen sich ein Tellerchen bringen und verputzen den Parmesan mit Öl und Essig, ließen noch einmal Brot kommen, zahlten schließlich ein Glas Wein und gingen gesättigt nach Hause.

Diese Praxis beendete Saitta bald und auch bei Fehltritten anderer Art erweist er sich schon lange als Mann mit Prinzipientreue. Wenn der weiße Trüffel auf der Karte steht, ist dazu, wie gesittete Leckermäuler wissen, eine nur kurz in Butter geschwenkte Pasta das Beste.

„Wer dazu Trüffelöl möchte, kann es bei mir nicht bekommen“, sagt Saitta. Der Sizilianer lässt dieses Öl jedoch bei schwarzen Trüffeln zu. Aber Parmesan zu Fisch? „Nur sehr ungern“, sagt Saitta fast unter Schmerzen, „das gehört da nicht rein.“ Ketchup bringt er übrigens nicht an den Tisch – und Maggi? Das Wort wirkt, als hätte es ihm der Leibhaftige zugerufen. „So etwas kommt mir nicht ins Haus, niemals.“

Nicht nur beim Ketchup bleibt dagegen Sterne-Koch Philipp Wolter entspannt. „Ich bin alte Schule“, sagt der Küchenchef des Phoenix-Restaurants im Dreischeibenhaus, „der Gast ist König.“ Als Koch breche er nicht in Jubel aus, wenn ein Kunde die gesüßte Würzsauce haben möchte (er muss dafür auch zahlen), aber er erhält sie. Man habe Ketchup in der Küche, schon wegen der Kinder, die es zu Schnitzel und Pommes gerne nähmen, und auch der erwachsene Gast könne es bekommen.

Ähnlich sieht es Altmeister Jean-Claude Bourgueil, Chef im Sternerestaurant Schiffchen. Er räumt mit 75 Jahren ein, er habe keine Lust mehr zu streiten. Es gebe Menschen, die könne man nicht belehren und das nehme er hin.

So habe er einen Gast, der gerne rohen Lachs mit sehr viel Meerrettichsauce esse und das Ganze mit einem Löffel Kaviar kröne. Da könne er auch einen Toast lutschen, denkt da der Meister, denn der Meerrettich mache den Kaviar kaputt. Aber bitte.

Gastronomieberater Markus Eirund kennt einige Köche, die sich gegen den Wunsch des Nachwürzens verwahren. „Das Nachwürzen ist eine typisch deutsche Art“, sagt Eirund. In vielen Restaurants stünden Salz und Pfeffer jedoch nicht auf dem Tisch. Dann komme der Service mit der großen Pfeffermühle an den Tisch und biete das Gewürz an – wenn es in den Augen des Küchenchefs zur Speise passe.

Eirund appelliert an die Gäste, auch daran zu denken, dass sich nicht wenige Köche als Künstler empfänden und sich sehr mit ihrem Handwerk identifizierten. Das habe Respekt verdient und er könne verstehen, wenn in einem guten Restaurant nicht gleich Gewürze nachgereicht würden, sondern höflich gefragt werde, was denn nicht schmecke.

Er nennt als Beispiel, wo in keinem Fall gewünschte Gewürze an den Tisch gebracht würden, den Thailänder Sila Thai an der Bahnstraße. Dahin gehe er seit mehr als 20 Jahren und sei immer noch beeindruckt. Dieses Haus biete eine authentische Küche, die vor allem Anspruch an sich selbst habe. Die Köche seien regelmäßig auf dem Markt in Bangkok und kochten ausgewählte Gerichte von dort exakt nach. An diesen werde nichts verändert – das müssten die Gäste akzeptieren.

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